Fallstricke bei der Verwendung von Vertragsklauseln, die der Inhaltskon-trolle nach AGB-Recht in Deutschland oder Österreich unterliegt

Zum Stichwort „Allgemeine Geschäftsbedingungen“ (auch AGB) gehört es seit langem zum Standardwissen der Wirtschaft, dass allgemeine Geschäftsbedingungen (das sogenannte „Kleingedruckte“) wirksam in Vertragsvereinbarungen einbezogen sein müssen, um Geltung zu beanspruchen.

Weitgehend unbekannt sind aber Risiken, die sich für beide Vertragspartner daraus ergeben können, dass nicht nur das „Kleingedruckte“ der gerichtlichen Inhaltskontrolle unterliegt, sondern auch Vertragsklauseln, die nicht ausdrücklich verhandelt worden sind.

Für Verträge, auf die deutsches Recht anzuwenden ist gelten seit dem 01.01.2002 die §§ 305 ff BGB. Danach liegen AGB (mit der Konsequenz der Inhaltskontrolle) nur dann nicht vor, wenn die Vertragsbedingungen zwischen den Vertragsparteien im Einzelnen ausgehandelt wurden. AGB sind danach auch alle Vertragsbedingungen, die eine Partei der anderen bei Abschluss eines Vertrages stellt (§ 305 Abs. 1 BGB). Im Wirtschaftsleben ist es auch bei kleinen und mittelständischen Unternehmen üblich, dem Vertragspartner entweder mit dem Vertragsangebot eigene AGB zu übermitteln oder in einem Werkvertrag, Kaufvertrag oder Dienstvertrag, der tatsächlich als Angebot übermittelt wird, Klauseln in den Vertragstext aufzunehmen, die in einer Mehrzahl von Fällen verwandt werden und nicht ausdrücklich ausgehandelt worden sind. Das bedeutet praktisch, dass Verträge, auf die das deutsche Recht Anwendung findet, daran gemessen werden, ob sie zum Nachteil des anderen Vertragspartners von wesentlichen Regelungsbereichen gesetzlicher Regelungen im Werkvertrags-, Kaufvertrags- oder Dienstleistungsvertragsrecht abweichen. Vertragsklauseln, die Haftungsbegrenzungen nach Art und Umfang sowie zeitliche Begrenzungen der Haftung beinhalten und sich auf die Verletzung von Körper, Gesundheit oder Leben, aber auch auf Schadensersatzansprüche, die durch grobes Verschulden oder Vorsatz herbeigeführt werden und die nicht im Einzelnen ausdrücklich ausgehandelt worden sind, sind unwirksam. Das hat zur Folge, dass denjenigen, der dem Grunde nach zum Schadensersatz verpflichtet ist, sowohl das Risiko der betraglich unbegrenzten Haftung trifft als auch, dass er mindestens in einem Zeitraum von zwei Jahren ab Abnahme der Leistung haften muss und Verkürzungen der Gewährleistungszeit nicht wirksam sind. Der Unternehmer muss sorgfältig prüfen, ob seine vertraglich geschuldete Leistung im Schadensfall zu außergewöhnlich hohen Risiken führen kann. Das kann schon der Fall sein, wenn beispielsweise bei einer komplexen Kühlanlage im Wert von 1 Million Euro ein Leckwarnsystem entwickelt und geliefert wird, das selbst nur wenige Tausend Euro kostet. Lässt sich nachweisen, dass Einbau oder Konstruktionsfehler dieses Warnsystems schadensursächlich waren, kann der Schaden bei Ausfall eines Kühlsystems leicht mehrere Millionen Euro betragen. Dafür haftet dann auch der Lieferant des Leckwarnsystems in unbegrenzter Höhe. Die in Deutschland zu beobachtende zunehmend konsequente Anwendung dieser schon seit 2002 geltenden Grundsätze führt dazu, dass deutsche Unternehmer bei derartigen Risikokonstellationen sich die Mühe machen müssen, alle diesbezüglichen vertraglichen Einzelfragen individuell und dokumentierbar auszuhandeln. Vielfach werden vereinbarte Betriebshaftpflichtversicherungen nicht ausreichen, um mögliche Schäden abzudecken.

Für Verträge, die österreichischem Recht unterfallen, gilt seit 01.07.1992 § 879 Abs. 3 AGBGB, wonach in Vertragsformblättern enthaltene Bestimmungen nichtig sind, wenn sie unter Berücksichtigung aller Umstände des Falles einen Teil gröblich benachteiligen. Die Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs in Österreich (Beschluss des OGH vom 27.02.2013; 6 Ob 206/12 f) wendet inzwischen § 879 Abs. 1 AGBGB, der zur Nichtigkeit vertraglicher Regelungen führt, ausdrücklich auch für vergleichbare Konstellationen an, wenn einseitig vorformulierte individuelle Vertragstexte vorliegen, weil auch hier der unterlegene Partner sich in derselben Situation befindet, wie unter Verwendung von AGB durch den strukturell überlegenen Partner.

Somit ist festzustellen, dass die Rechtsprechung in beiden Ländern sich in die gleiche Richtung entwickelt. Das bedeutet, dass Unternehmer in dem Risikobereich, insbesondere der Haftungsbegrenzung auf Höchstsummen und Haftungsdauer, die wirtschaftlich erforderliche Eingrenzung nur dann erreichen können, wenn sie diese Kernpunkte ausdrücklich und nachweisbar verhandelt haben.